Pesos oder Posse

Seit Jahren arbeite ich an einem Projekt, für das ich keinen Namen habe. Das brauche ich auch nicht, denn es geht eher um eine Haltung, um eine langfristige, nachhaltige Sichtweise, die nicht vom derzeitigen Hype getrieben wird, sondern einen eigenen Weg finden will; ein Weg, der zu einer recht hohen Unabhängigkeit führt. Dazu wird innere Distanz benötigt, die im hektischen Tagesgeschäft mitunter scheinbar unwiederbringlich verloren geht — so wie viele Daten und Inhalte, die wir schon auf irgendwelchen Plattformen veröffentlicht haben.

Natürlich ist es so einfach, alles in die Cloud zu schieben, mit einer App Inhalte zu schreiben, Bilder zu knipsen und dann in einen Webservice hochzuladen. Wenn der Dienst schließt (und das wird bei den meisten der Fall sein, dazu muss man aber ein digitales Gedächtnis besitzen), dann sind die Daten weg. Das ist nicht so schlimm, wenn die Daten und Inhalte nicht wichtig sind, doch wenn Ihre Zeit und Herzblut drinsteckt, dann sollten Sie sich genau überlegen, ob Sie Ihre wertvollen Inhalte wirklich Unternehmen geben wollen, die nur eins wollen: mit Ihren Inhalten Geld verdienen.

Man kann ja überall verlinken, aber veröffentlicht wird zuhause

Klar, die vielen Social Media- und andere Web-Kanäle sind gute Multiplikatoren und natürlich sollten Sie diese Plattformen auch nutzen. Aber überlegen Sie sich genau, wie Sie mit den Inhalten umgehen. Denn Inhalte erstellen sich nicht von alleine. Es gibt da zwei Möglichkeiten (und eine zusätzliche Mischform):

  1. PESOS: Das steht für ** Publish Elsewhere, Syndicate (to your) Own Site** und bedeutet, dass Sie auf den verschiedenen Kanälen posten und dann versuchen, die Posts auf Ihrer eigenen Website zu sammeln. Idealerweise kann man auf Ihrer Website auch Kommentieren und die Kommentare werden dann auf den entsprechenden Kanälen veröffentlicht.

  2. POSSE) Abkürzung für ** Publish (on your) Own Site, Syndicate Elsewhere**. Für mich ist das die richtige Wahl: Ich veröffentliche meine Inhalte auf meiner eigenen Site und kann dann von den anderen Kanälen auf meine Site verlinken. Damit bleibe ich unabhängiger von Datenkraken, profitiere aber von den Verbreitungsmaschinen.

  3. Natürlich gibt es Mischformen aus PESOS und POSSE. Das sind schnelle Tweets, hier mal in Bild in Path, da mal ein Kommentar bei Linkedin. Meistens geht es um Links zu interessanten Quellen. Mein Tipp: Sammeln Sie doch die interessantesten Links und schreiben zu Ende der Woche eine kleine, kommentierte Linkliste, die Sie dann auf Ihrer Website veröffentlichen und dann über die Social Media-Kanäle streuen können. Gerade den Kontext, den Sie durch eine Einordnung der Links ins Gesamtthemas geben, schafft mehr Wert für Ihre Leser als eine schnell verteilte URL zu irgendeinem Blog.

Die Abkürzungen sind vielleicht neu für Sie, wer aber schon länger dabei ist, wird gelangweilt mit den Schultern zucken. Trotzdem ist diese IndieWeb-Bewegung unterstützenswert.

Das IndieWeb will aber mehr sein als eine Gruppe von Old Schooler, die das “alte“, auch ein wenig elitäre Web halten wollen; es geht vor allem darum, dass wir die Kontrolle behalten und verteidigen, was uns ausmacht: unsere Privatsphäre, unsere Daten und Inhalte.

Für mich bedeutet das, dass ich statt eines schnellen Tweets lieber etwas warte und dann nach einer Weile zum Thema einen etwas weitergedachten Beitrag auf meiner Website veröffentliche und dann den Link zu meiner Website tweete oder sonstwo veröffentliche. Das heißt: weniger eigenständige Tweets, mehr Inhalte auf der Website; Notizen, die einen Schritt weiter gehen, noch ein paar mehr Fragen stellen und Antworten anbieten. In Kürze werden weitere Gedanken zum Indieweb folgen. Ein paar Schritte bin ich schon gegangen. Darüber werde ich dann in einer der nächsten Notizen schreiben — natürlich auf meiner eigenen Website.

Wollen Sie mehr über das IndieWeb erfahren? Einen guten Einstieg bieten die Seiten bei IndieWebify.