Wann ist etwas fertig?

Ich beschäftige mich gerade sehr mit Scrum. Eigentlich ist das nichts Neues, denn ich „scrumme“ schon seit 2007. Damals lebten wir auch in Australien und mein Ziel war eine bessere Selbstorganisation.

Meine Tochter war damals 1,5 Jahre alt und ich war furchtbar gestresst von der Hausarbeit und der Kinderbetreuung, während Mama im Krankenhaus arbeitete. Ich hatte mir das anders vorgestellt mit dem Arbeiten nebenher. Und so war ich auf der Suche nach effizienten Arbeitsmethoden. Damals krempelte ich mein Arbeitsleben komplett um: Ich startete mit „Getting Things Done“ und „Zero-Inbox“ (beides praktiziere ich immer noch) und arbeitete mich tief in Scrum ein. Zwei Miterfinder waren Australier und vielleicht bin ich deswegen auch auf Scrum gestoßen. Inspiriert vom Scrum-Ansatz plante ich für mich Sprints und hoffte, dass ich irgendwann mal mit einem Team scrummen könnte. Noch immer sprinte ich und sammle tägliche Pomodori.

Scrum geht nur mit IT-Projekten, oder?

Da ich kein Developer bin, ergab sich mit meinen Kunden kein Scrum, höchstens agiles Projektmanagement, das sich aber nur auf den gemeinsamen Einsatz von Kanban-Boards wie Trello beschränkte.

Ich denke noch immer, dass Scrum auch für Nicht-IT-Projekte optimal nutzbar ist – wenn alle den Grundgedanken, den „Spirit“ dahinter verstehen und sich darauf einlassen. Kürzlich habe ich mich dazu entschlossen ein „Scrum Master“ zu werden. Wenn Scrum nicht zu mir kommt, dann muss ich eben zum Scrum hinbewegen. Das heißt auch, dass ich nun wohl öfter über Scrum schreiben werde …

In Scrum gibt es einen interessanten Aspekt, den ich gerne aufgreifen will, die DoD, „Definition of Done“. Den Begriff kannte ich bis vor Kurzem, allerdings das darunter liegende Konzept: „Qualitätssicherung“. Die DoD definiert, wann etwas „fertig“ ist und in welchem Zustand es sein muss, damit der Auftraggeber, die Beteiligten und vor allem die Kunden damit mehr als zufrieden sind? Damit verbunden ist die Frage: Wie lange sollte man an Sachen wirklich feilen, bevor man sie an den Auftraggeber schickt oder veröffentlicht?

Die Definition of Done

In Scrum definiert das Team zu Beginn des Projekts, was „fertig“ bedeutet. Auf diese Weise weiß jeder, dass das, was in die Spalte „Done“ verschoben wird, genug Qualität und Wert hat. Die DoD ist also das Qualitätsversprechen innerhalb des Teams und für den (internen) Kunden, der vorher abgestimmte „Goldstandard“.

Ich denke viel über den DoD nach – gerade, wenn es um meine digitalen Notizen geht. Denn meistens feile ich nicht noch groß herum. Ich weiß ja noch nicht mal, ob das jemand liest (und das ist auch nicht meine Motivation. Ich will einfach täglich schreiben). Ein Minimal-DoD wäre beispielsweise:

  1. Inhaltlich muss alles rund und relevant sein. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Anfang und Ende bilden bei längeren Beiträgen eine inhaltliche Klammer, die Argumente sind stimmig.
  2. Text noch einmal durchlesen und grobe Sachen entfernen und umschreiben.
  3. Text in der Rechtschreibprüfung prüfen lassen.
  4. Text ein letztes Mal laut vorlesen und den Flow etwas anpassen.
  5. Idealerweise hast Du Zeit, den Text über Nacht „atmen“ zu lassen und am nächsten Tag mit frischen Augen zu lesen. Erstaunlich, was man dann noch entdeckt.

Schreibe ich Texte für Auftraggeber, dann durchläuft der Text noch weitere Prüfungen, beispielsweise SEO-Checks und eine Recherche der Fakten oder Verlinkungen. Ich will einfach sicherstellen, dass der Kunde möglichst konstruktiv weiter am Text arbeitet und nicht gleich über unrunde Stellen stolpert. Das gibt es natürlich immer mal, vor allem in der ersten Version, die bestenfalls eine 80-Prozent-Annäherungsversion ist. Manche Auftraggeber übersehen das und vergessen auch, dass ich in der ersten Version oft viele Inhalte „raten“ muss, weil das Briefing recht dünn war und dass wir erst die finale, die fertige Version, aufräumen.

Ich finde, jeder sollte eine Definition of Done haben oder – als Auftraggeber eine DoD herausgeben. Dann könnte sich jeder daran halten und Diskussionen liefen weniger emotional, sondern sachlicher entlang der DoD. Das ist zumindest meine Hoffnung.