Sieben versiebt

Gestern habe ich den ganzen Tag damit verbracht eine fixe Idee in die Tat umzusetzen. Ich folgte einem Link in meinem LinkedIn-Netzwerk auf eine Seite einer Autorin, die eine Art Weblog der alten Schule führt. Sie nennt es „Daily 5 Minutes“ und, so scheint es, schreibt sie in fünf Minuten in einem langen Absatz herunter, was sie gerade erlebt oder an diesem Tag erlebt hat. Sehr persönlich und direkt.

Ich bin ein Freund dieses Formats, und da ich ja sowieso jeden Tag schreibe, wollte ich auch so etwas haben. Zunächst verbrachte ich eine Zeit damit zu überlegen, ob ich es auch mit Hugo machen sollte oder ob ich dazu eine einfachere Blogging-Variante benutzen sollte. Mein Arbeitsablauf mit Hugo, Git und deploy funktioniert gut. Allerdings ist der Umgang mit Fotos hakeliger. Ich muss die Bilder erst formatieren, dann auf den Server legen und dann in Markdown einbinden. Damit ich die fünf Minuten auch wirklich jeden Tag schaffe, entschied ich mich letztlich für Writefreely, das ich auf meinem Uberspace installierte.

Etwa eine Stunde später und vielen Versuchen auf die installierte Version zuzugreifen (irgendwas stimmte nicht mit den Zugangsrechten), entschied ich mich dann doch auf die Hugo-Variante. Da die noch gröberen Notizen nicht den Feed dominieren sollten, eröffnete ich einen Zusatzkanal, den ich „Sieben“ (für sieben Minuten) nannte. Dort sollten die Notizen dann etwas versteckt online stehen. Im Hauptblog veröffentlichte ich bereits eine „Fünfminutennotiz“, um den Workflow auszuprobieren. Irgendwie alles Bogus. Bis ich das alles so hatte, wie ich es wollte, war es nachmittags.

Und dann schmiss ich alles um und löschte alles. Weil ich etwas Grundsätzliches vergessen hatte.

Ich dachte, ich würde nicht mehr darauf hereinfallen. Aber es ist schon wieder passiert. Ich bin einer fixen Idee gefolgt und habe mich verzettelt. Und deswegen: Freewriting ist schön und gut. Aber es ist etwas, weiß beim Autoren bleibt und niemals die Welt sehen sollten. Ein Musiker stellt auch nicht Probesessions auf Youtube.

Warum wollte ich überhaupt jeden Tag veröffentlichen? Weil es mich unter eine gewissen Grundspannung bringt, mich jeden Tag anzustrengen. Und nicht, weil ich jeden Tag der Welt etwas völlig Uninteressantes mitteilen will. Gerade deswegen mache ich ja gerade nichts auf Social Media und verlagere alles auf den Blog, inklusive der Jetzt-Seite.

Meine Lektion daraus: Ich muss nicht jeden Tag veröffentlichen. Für wen auch? Aber ich will jeden Tag schreiben. Wenn ich das Gefühl habe, dass es fertig genug ist, veröffentliche ich. Dann passe ich es an, sollte ich noch was finden oder mehr zu sagen haben. Das Stück muss auch nicht in einer einzigen Schreibsession fertig werden. Ich bringe es online, wenn ich will. Da ja sowieso niemand diese Notizen liest, brauche ich mich da auch nicht unter Druck zu setzen.

Der Tag gestern war also nicht komplett unnütz. Ich habe gelernt, beharrlich meinen Weg zu gehen und nicht auf jeden schnellen Zug aufzuspringen. Es gibt kein „Sieben“.

Meine Jetzt-Seite möchte ich künftig jeden Freitag als eine Art Sprint-Review nutzen. Wahrscheinlich bleibe ich bei einwöchigen Sprints, will mindestens einmal pro Woche ein „Inkrement“ hier auf diesem Blog schaffen. Vergiss die Sieben, niemand will das so genau lesen, lasse es unveröffentlicht im Tagebuch.