Wie stolz darfst Du sein?
Angenommen, Du willst etwas von einem anderen Menschen. Du meldest Dich, hast ein gutes Gespräch, spürst Interesse und hörst ein „Lass uns was zusammen machen.“ Und dann: nichts mehr. Du hakst nach. Nichts. Du wartest. Zu lange. Es passiert nichts. Jetzt überlegst Du, ob Du Dich noch einmal melden solltest. Vielleicht mit einem dummen Vorwand. Du lässt es. Denn Du willst höflich sein. Nicht stören, nicht auf den Keks gehen. Aber eigentlich bist Du zu stolz.
Stolz ist wahrscheinlich der Gegenspieler jeglicher Agilität. Es bremst Dich herunter zur Schockstarre. Bewegungslos wartest Du auf eine Antwort. Und währenddessen erzählst Du Dir Geschichten, die von Tag zu Tag dunkler werden. Zuerst ärgerst Du Dich über den Nichtantwortenden. Dann siehst Du ein Muster. Fast alle melden sich nicht mehr. Das nimmst Du persönlich. Habe ich etwas falsch gemacht, warum komme ich nicht an? Du wirst es nie herausfinden. Denn Du bist zu stolz, um Dich noch einmal zu melden.
Du willst aus dem Incommunicado lernen und schwörst Dir, dass Du beim nächsten Mal genau überlegst, wen Du ansprichst und wie. Vielleicht warst Du zu direkt und hast den anderen Menschen verängstigt? Vielleicht hatte Dein Kontakt gerade einfach keine Zeit, weil etwas wichtiger als Du ist. Wichtiger als Du? Das kann gar nicht sein. Selbst schuld, wenn er oder sie das denkt. Halt, da ist er wieder, der Stolz, der Dich lähmt. Was bringt Dir ein stolzes Gefühl? Bringt es Dich irgendwie weiter? Oder zieht es Dich nur herunter?
Wenn Du den Stolz nicht nur ausblendest, sondern völlig loslässt, siehst Du wieder klarer. Du kannst auf Dein Muster setzen und von nun an niemandem etwas zutrauen. Oder Du hörst auf mit dem Selbstmitleid und versuchst es ein weiteres Mal. Nur ein Mal. Und dann noch einmal. Du lässt den Stolz nicht rein und irgendwann finden Dich sogar die Leute, die etwas mit Dir unternehmen wollen. Dann melde Dich sofort und lasse niemanden hängen.