Schlanker umziehen

Ich habe seit einer Weile nichts mehr berichtet. Dabei ist so viel passiert. Wir sind letzte Woche in ein anderes Haus in der Nachbarschaft umgezogen. Das neue Haus ist viel kleiner als das Haus, in dem wir vorher lebten. Und so mussten wir uns von vielen Sachen verabschieden. Aber nicht nur das. In unserer Doppelgarage warteten ja noch die vielen Kisten und Pakete aus unserem Haus in Deutschland. Wir haben viel Zeit damit verbracht, um die Sachen von zwei Haushalten miteinander zu verbinden und dann den Materialbestand um ein Drittel zu reduzieren. Marie Kondo hat uns streng über die Schultern geschaut und uns immer wieder auf die Hand geklopft, wenn wir zauderten und uns der Mut zum Weggeben und Wegwerfen verließ.

Mittlerweile werde ich auf dem “Awabakal Waste Disposal“ mit Handschlag begrüßt, denn ich war in der letzten Zeit mindestens zwei bis drei Mal pro Woche dort. Es schmerzt, die viele Kindersachen, alte Schulbücher, Schränke, Küchengeräte und allerhand andere Sachen wegzuwerfen. Klar, wer eine große Familie hat, bekommt auch mehr Sachen zusammen. Vieles haben wir uns selbst gekauft, anderes haben wir geschenkt bekommen – und wir wussten schon immer, dass wir das nicht benötigen werden, haben es aber dann irgendwohin gestopft, um es zu Awabakal zu fahren. „Geht das zu Awabakal?“, war die wichtigste Frage in den letzten Wochen.

So viel Zeug zieht sich durch unser Leben. Das ist nicht nur totes Material, sondern hat auch eine Stange Geld, also eine Menge Arbeitszeit und damit Lebenszeit gekostet. Was braucht man wirklich? Für unsere Familie war das jedenfalls ein einschneidendes Erlebnis und auch eine riesige Gelegenheit, um schlank und leichter zu werden. Statt Plastikkram, der nur verstaubt und kaum benutzt wird, wollen wir wieder mehr Erlebnisse sammeln, Erinnerungen bewahren. Dafür braucht man keinen Platz, aber Aufnahmebereitschaft.

Jetzt sitze ich auf der Veranda unseres Hauses und denke, dass hier doch gut ein Grill und so ein toller Pizzabackofen stehen könnte. Es geht schon wieder los! Aber mal ehrlich: Wie oft benutzen wir den Ofen und wie viel Zeit geht drauf, um den vorzuheizen und sauber zu halten? Lohnt sich die teure Anschaffung (in meinem Recherchewahn darf es nichts anderes als der Ooni Karu 16 sein) oder backen wir nicht einfach in unserem tollen Küchenofen, den wir extra aus Deutschland importiert haben? 

Das gilt auch für den Grill: Brauchen wir wirklich einen dieser Schränke, wenn wir kaum noch Fleisch essen und die Grills sich nicht besonders gut reinigen lassen? Essen wir nicht einfach eine Wurst oder ein Steak an einem der Stände auf dem Sonntagsmarkt in Newcastle? Auf einmal bleibt so viel mehr Zeit, weil ich für die Sachen nicht arbeiten muss, sondern lieber mit meiner Familie am Meer spazieren oder im Belmont Ocean Bath schwimmen kann.

Schlank werden heißt für mich persönlich, dass es im neuen Haus auch keinen Platz für ein eigenes Büro geben wird. Ich werde also über den Tag dem Schatten folgen, mein Macbook und meine Noise Cancellation-Kopfhörer werden meine besten Freunde sein. Das hat aber auch Vorteile. Ich kann auch draußen, im Café oder in der Bücherei arbeiten. Als ehemaliger „virtueller Nomade“ liegt das in meinem Blut.

Das alles ist für mich nichts Neues. Interessant wird es mit den Videomeetings. Denn die sind aufgrund des Zeitunterschieds immer abends, wenn hier der Abendessentrubel losgeht. Vielleicht müssen sich meine Gesprächspartner daran gewöhnen, dass ich im Garten oder am Meer sitze. Zu dem Thema will ich bald sowieso einen neuen Eintrag schreiben. Die Überschrift weiß ich schon: „Bei mir dürfen Sie den Schlafanzug anbehalten (ich dann aber auch)“. Bis zum nächsten Eintrag.