Buchnotiz: '4000 Weeks' von Oliver Burkeman
Vielleicht habe ich das Buch von Oliver Burkeman „4.000 Weeks“ so verschlungen, weil ich einen ähnlichen Weg gegangen bin wie er: Burkeman war früher ein Produktivitätsguru, der die ganze Zeit Listen abhakte, Workflow-Hacks ausheckte und die ganze Zeit auf die Uhr schaute, um noch mehr Zeit zu sparen, für Dinge, die ihm scheinbar wichtig waren.
Doch mit dem Alter ändern sich die Gedanken und man merkt, dass man die Zeit nicht aufhalten, nicht „sparen“ kann, sondern möglichst lange hinziehen sollte, denn schon bald kann es vorbei sein. Eines Tages kommt ein Punkt im Leben, an dem man sich mit der Endlichkeit von allem, zumindest vom eigenen Leben beschäftigt. Auch Burkeman ging es so. Und er fand dazu eine Zahl, die bewusst aufrütteln soll: 4000 Wochen.
Burkeman rechnet etwas langatmig vor, dass wir bis zum 80ten Lebensjahr etwa 4000 Wochen auf der Welt sein. Was, so wenig? Seine These: Wenn wir wissen, dass wir nur so wenig Zeit haben, warum verbringen wir unsere Zeit mit so viel unnützen Dingen und warum bereiten wir uns ständig auf eine Zukunft vor, die nie so eintritt? Das ist keine neue Erkenntnis. Trotzdem sollten wir uns immer daran erinnern, dass das Leben verdammt kurz ist.
Das Buch empfehle ich allen, für die der Gedanke der Endlichkeit noch immer absurd erscheint; wer sein Leben immer noch mit aller Willensstärke kontrolliert und mit Quatsch vollstopft, statt innezuhalten, längere Wege zu gehen, Abkürzungen vermeidet, loslassen kann und einfach begriffen hat, dass das Leben nur ein kurzes Flackern von einem Nichts ist - ohne dabei in Schwermut zu verfallen, sondern die kurze Zeit in gesunden Umfeld mit Menschen zu verbringen, die Herz und Seele aufwärmen und bis zum Ende der 4000 bis 5280 Wochen auf Temperatur halten.
Burkeman benötigt etwa die Hälfte des Buchs, um dem Leser einzuhämmern, warum das Leben endlich ist. Ich habe einige Seiten weitergeblättert, weil mir das eigentlich klar ist. Nur mit der Umsetzung hapert es halt immer wieder. Im zweiten Teil erklärt er, wie wir in Anbetracht der Endlichkeit Produktivität anders interpretieren sollten. Dazu gehört entschleunigen, den Dingen Zeit geben, lebendig im Fluss der Zeit gleiten.
Man merkt, dass Burkeman viel buddhistisches Gedankengut aufgesaugt hat. Das ist nicht schlimm, aber auch nicht besonders neu. Wir sollen aufhören ein anderer Mensch zu werden; aufgeben, was immer schon unmöglich war und einfach das Leben so nehmen, wie es ist. Die Produktivitätstipps im letzten Viertel des Buchs sind nicht neu, wirken fast schon deplatziert, denn eigentlich hat Burkeman ja ein Anti-Produktivitätsbuch geschrieben.
Insgesamt ist es ein flüssig geschriebenes Buch, ideal für die Midlife-Crisis zwischendurch.
Meine Notizen:
- Produktivität ist eine Falle: Je effizienter man wird, umso gehetzter ist man.
- Produktionsbesessenheit dient einer versteckten emotionalen Agenda. Anstatt uns unseren Grenzen zu stellen, wenden wir Vermeidungsstrategien an, um uns weiterhin grenzenlos zu fühlen.
- Je mehr man sich beeilt, desto frustrierender ist es, auf Aufgaben (oder Kleinkinder) zu stoßen, die sich nicht beeilen lassen; je zwanghafter man für die Zukunft plant, desto ängstlicher fühlt man sich.
- Je mehr individuelle Souveränität wir über unsere Zeit erlangen, desto einsamer werden wir.
- Je mehr man versucht, seine Zeit zu managen, desto stressiger, leerer und frustrierender wird das Leben.
- Sich „alle Optionen offenzuhalten“ ist für Angsthasen.
- Je mehr wir uns bemühen, alles unterzubringen, desto mehr Zeit verbrauchen wir für die weniger sinnvollen Dinge.
- Wir sollten lernen, mit der Angst vor der Überforderung umgehen, statt versuchen, noch mehr unterzubringen.
- Ist es ein Verbrechen, zufrieden zu sein? Um das Leben in vollen Zügen zu genießen, muss man sich zufriedengeben.
- Inneren Widerstand gegen das Erleben aufgeben. Alles bewusster aufnehmen.
- Unser Leben ist dank seiner Endlichkeit unweigerlich voll von Aktivitäten, die wir zum allerletzten Mal tun.
- Jedem Problem die Zeit geben, die es braucht. Probleme sind kein Hindernis, sondern die Substanz.
- Prokrastination, Ablenkung, Verpflichtungsphobie, Aufräumen und zu viele Projekte auf einmal sind alles Wege, um die Illusion aufrechtzuerhalten, dass man die Dinge im Griff hat.
- Durchschnittliche menschliche Lebensspanne absurd, erschreckend, beleidigend kurz. Keine Panik. Es ist ein Grund der Erleichterung. Aufgeben, was schon immer unmöglich war. Besser Ärmel hochkrempeln und loslegen.
- Tipp: Statt To-do-Liste besser eine “Erledigungsliste” führen, die am Morgen zunächst leer ist und über den Tag gefüllt wird.
Die Buchnotizen schreibe ich nur für mich. Deswegen lesen sie sich vielleicht etwas kryptisch. Lies es doch einfach selbst. Weitere Buchnotizen findest Du hier.