Wie schnell geht das?

Bis hierhin hat es zwei Minuten und 40 Sekunden gedauert. Ich habe es gestoppt.

Was ist bisher passiert?

Ich habe eine Idee für eine neue Notiz. Allerdings weiß ich noch, worüber ich genau schreiben will. Um Geschwindigkeit soll es gehen. Um die eigene Geschwindigkeit; aber auch um die gefühlte Geschwindigkeit und wie schnell wir in den Erwartungen anderer Menschen sein sollten.

In meiner perfekt optimierten Produktivitätswelt dauert es 2:40 Minuten, um mit dieser Notiz zu starten. Was ist in dieser Zeit passiert?

  1. Ich habe auf meinem Notebook ein Terminal gestartet und habe das Verzeichnis meines Blogs ausgewählt (cd websites/reinergaertner-de)
  2. Nun habe ich einen neuen Post eröffnet. Das geht mit einem Befehl (./new 2021-61-wie-schnell)
  3. Im Verzeichnis content/posts liegt nun eine Datei, die 2021-61-wie-schnell.md heißt.
  4. Ich gehe in das Verzeichnis mit cd content/posts und beginne mit dem Bearbeiten der Datei: nano 2021-61-wie-schnell.md
  5. In den 2:40 ist sogar noch das Ausfüllen im sogenannten Frontmatter (das ist der Titel, die Beschreibung, Datum und ein paar Tags sowie die Kategorie) enthalten.

In weniger als drei Minuten bin ich schreibbereit. Das ist kein Rekord, nur ein Mittelwert. Um dorthin zu kommen, habe ich viel Zeit gebraucht. Ich veröffentliche meine Notizen mit dem statischen Webgenerator Hugo und ich will gar nicht wissen, wie viel Zeit ich da hereingesteckt habe, um es so geschmeidig zu bedienen.

Angenommen, diese Zeit bis zum Losschreiben dauert nur eine Minute: Hätte ich in diesem Jahr statt 60 Notizen schon 100 geschrieben? Ich glaube nicht. Denn es geht nicht um Geschwindigkeit, sondern um das Sagen- und um das Schreibenwollen.

In den letzten Wochen ging bei mir alles langsamer, zähflüssiger. Das Homeschooling bremste mich herunter und ich habe einige Deadlines gerissen. Das nervte. Oft hatte ich immer nur eine Viertelstunde und versuchte in dieser kurzen Zeit noch einen halbwegs sinnvollen Gedanken auf den Bildschirm zu bekommen. Manchmal war das so hektisch, dass ich die Zeitmessung vergaß. Oder: Durch die vielen Unterbrechungen verlängerte sich auch die Zeit, die ich für die Arbeiten benötigte.

Dieses ständige Stop-and-Go, das ständige neue Anfahren und Orientieren kostet einfach Zeit. Wie viel davon sollte ich meinem Auftraggeber berechnen?

Natürlich könnte ich diese Zeit einfach draufschlagen und hoffen, dass mein Kunde meine missliche Lage versteht und zahlt. Aber so ticke ich nicht. Leider. Denn so zermartere ich mein Hirn und frage mich, welche Zeit nun angemessen ist für die Aufträge, die in extremer Stückelung entstanden sind.

Letztlich geht es hier ja um meine eigenen und die Erwartungen der Kunden. Und es geht um gegenseitiges Vertrauen. Ich weiß, wie lange ein Auftrag dauern sollte und oft genug schreibe ich etwas weniger Zeit auf, wenn das für meinen Geschmack zu lange gedauert hat.

Wahrscheinlich ist das zu nett, andere machen das nicht. Sicherlich würde der Klempner eher als Unternehmer denken als ich. Der schreibt alles in seine Handwerkerrechnung. Auch die Zeit, die er braucht, um nach Hause zu fahren, weil er Werkzeug vergessen hat und auch, wenn er bedeutungsvoll am Auto hockt, um gleichzeitig Kaffee zu trinken, zu rauchen und jemanden anzurufen. Das scheint zu funktionieren.

Zu Beginn meiner Berufslaufbahn als Redakteur sagte mein Chefredakteur, dass wir keine Artikel mit kleinen Beipackzetteln drucken können, auf denen eine detaillierte Erklärung steht, warum der Artikel nicht so toll geworden ist, wie wir das erhofft haben. Den Leser interessiert das nicht. Der Auftraggeber will es schnell haben, aber auch gut. Wenn beides passt, dann bin ich mit meinem Narrativ ziemlich allein unterwegs und muss damit entsprechend umgehen.

Vielleicht ist die Antwort beim nächsten Mal: Manchmal dauert es nun mal länger. Aber letztlich ist doch alles gut, oder?

Diese etwas launige Notiz ist nun zu Ende.

Nach dem nochmaligen Durchlesen und der schnellen Textkorrektur veröffentliche ich die neue Seite mit ./deploy, füge sie meinem GIT-Repository zu mit “git add .“ und commit -am “neue Notiz: Wie schnell darf etwas sein?“ und dann schiebe ich es mit “git push“ in mein Repository. Dauert etwa 1 Minute.