No regrets?

Das Bedauern ist in uns schon in jungen Jahren angelegt. Doch die Bedeutung ändert sich über die Jahre. In jungen Jahren bedauern wir, dass wir etwas getan oder nicht getan haben. Das wirkt nicht lange und schon ist der Schwamm der Zeit drübergewischt und wir haben es vergessen, weiter geht es. Junge Menschen sagen „no regrets“. Das klingt überzeugend, aber niemand scheint sich daranzuhalten.

Mit zunehmendem Alter bekommt das Bedauern einen neuen Geschmack und wird zum Bereuen: Über die Jahre verwischt sich das Nachsinnen einzelner Entscheidungen zu einer zähen Masse. Dann geht es gar nicht mehr um tatsächliche Ereignisse und Entscheidungen, sondern um Richtungen, die man eingeschlagen hat – oder eben nicht. „Hätte ich doch früher dies oder jenes gemacht.“: mehr gespart, gesünder gegessen, den Job angenommen oder den Job abgelehnt; den Menschen umworben oder abgestoßen; hier geblieben oder wäre ich besser weggegangen.

Viele ältere Menschen fühlen sich ja körperlich und emotional festgewachsen an ihre Umstände. Übrig bleibt der Kopf, der sich in Gedanken verliert, den vielen vergangenen Entscheidungen nachtrauert und einfach nicht zur Ruhe kommt, und uns damit gehörig schadet.

Klar, wir sollten damit aufhören, hier im Jetzt leben und begreifen, dass wir und alle um uns herum verändert haben. Es ergibt keinen Sinn, über etwas nachzudenken, worüber wir keine Kontrolle haben, weil wir doch nicht die Vergangenheit nachleben können. Wir können aber unsere reumütigen Gedanken nutzen, um uns im Jetzt zu zentrieren. Ohne dabei in Selbstmitleid zu zerfließen. Angenommen, du trauerst einer Entscheidung nach, die du vor 20 Jahren getroffen hast. Meistens bereuen wir ja die Sachen, die wir nicht gemacht haben, weil wir uns nicht trauten oder weil einfach das Leben dazwischenkam.

Wenn dich also 20 Jahre lang der Gedanke begleitet, dann ist das doch ein sehr wichtiges Signal, dass dir das noch wichtig ist. Doch es geht hier gar nicht mehr um die Entscheidung, sondern die darunterliegenden Werte und Tugenden, die für dich immer noch wichtig sind. Das sind Signale, von denen du lernen kannst. Auch wenn du die Uhr nicht mehr zurückdrehen kannst, höre auf diese Signale und gestalte dein Leben so, dass du ab sofort nichts mehr zu bereuen hast. Dann kannst du vielleicht auch im fortgeschrittenen Alter „no regrets“ sagen.