Was ist wertvoll?
Eigentlich wollte ich heute eine kurze Notiz zum Thema „Agil“ schreiben. Überschrift: „Warum agil nicht immer flexibel“ ist. Dann habe ich mir überlegt, dass das wahrscheinlich niemanden außer mir interessiert. Das ist natürlich kein Hinderungsgrund, um hier in meinen Notizen darüber zu schreiben – denn das ist hier ist wahrscheinlich der einzige digitale Ort, in dem es meistens nur um mich geht. Ganz roh und ungefiltert.
Aber Ihr habt Glück, ich werde mich nicht darüber auslassen, warum Agilisten manchmal standfester sein sollten als der Wimpel im Wind, den alle anderen „Stakeholder“ erwarten. Denn bei aller Agilität -in dessen Wort ja die Flexibilität nicht zu Unrecht recht stark mitschwingt – geht es letztlich um Werte. Jede Tätigkeit wird auf den Prüfstand gestellt und bewertet, ob es dem Kunden und/oder Benutzer des Produkts oder der Dienstleistung genügend Wert bringt. Nur das zählt. Und wenn man das respektvoll im Team durchzieht, dann ziehen alle am selben Strang, weil kein Chef oder anderer Stakeholder (ohne einen Stecken im Spiel zu haben) eine eigene politische Agenda für den persönlichen Erfolg hat und etwas durchdrücken will.
Und so kommen wir zum Wert. Eine Aufgabe des Scrum Masters ist es, den Product Owner auf seiner Reise zum Super-Productowner zu unterstützen – nicht als Aufräumer, sondern eher als vertrauter Sparringpartner. Der Product Owner als „Wertoptimierer“ muss letztlich entscheiden, welche Dinge den meisten Wert bringen. Aber nach welchen Kriterien geht das? Am Ende geht es darum, dass die Kunden oder Benutzer glücklich gemacht werden – so glücklich, dass sie das Produkt weiterbenutzen, erweitern, empfehlen und so weiter. Gleichzeitig muss das Produkt Geld einfahren. Wenn also etwas entwickelt wird, dass die Benutzer weiterbringt und vielleicht sogar Spaß bringt, dann steigt der Umsatz. So jedenfalls die Milchmädchenrechnung.
Zu oft, wird aber nur eine lange Liste abgearbeitet, deren Reihenfolge wie in einer Perlenkette unveränderbar erscheint und das komplette Projekt durchgezogen wird. Vielleicht schafft diese Perlenkette – oder mehrere der Perlen – gar keinen Mehrwert für den Kunden. Deswegen ist es manchmal sinnvoller für das Team und das Unternehmen nichts zu unternehmen. Das hört sich zunächst widersinnig an. Aber in die Entwicklung von dem – in den Augen der Benutzer, das ist wichtig – wertlosen Zeugs fließt viel Zeit und Lebenskraft aller Beteiligten ein. Also ist das doppelt wertlos.
Und hier schließt sich der Kreis: Agilisten, die sich wie Zirkusakrobaten in einer Arena voller fetter, langsamer Zuschauer fühlen, sollten nicht jeden Trick zeigen, sondern eher weniger, dafür spektakuläre Sachen einüben und zeigen. Das schafft den meisten Applaus vom Publikum und reduziert die Buh-Rufe.