Feedback als Geschenk

Es sind die gut gemeinten Ratschläge, die Tipps eines Besserwissenden, eines Menschen, der es gut mit uns meint oder nur ein paar Worte wie „Das war schon ganz gut, aber für das nächste Mal: xxx“: Sie treffen uns ganz unerwartet ins Herz, verwunden uns und wir wissen gar nicht, was gerade passiert ist. Uff, das kam so schnell wie ein Nierenschlag, wir liegen auf der Matte und sind kurz bewusstlos. Was ist passiert? Wir haben ein Feedback bekommen.

Umgekehrt: Du gibst eine harmlose Rückmeldung wie „du hast mich die ganze Zeit ignoriert, vielleicht könntest du mich beim nächsten Mal mehr beachten, ich habe nämlich spannende Sachen zu erzählen“ und du wirst mit einem Wasserwerfer umgemäht. Ganz unerwartet. Da hast du wohl einen besonderen Knopf gedrückt. War doch gar nicht so gemeint, musste halt raus.

Feedback geben ist eine Kunst. Jeder hat seinen eigenen Stil: Manche bereiten ein unangenehmes Feedback so vor: „Ich weiß, das wird dir jetzt nicht gefallen, ABER (… ich sage es trotzdem, obwohl ich schon sehe, dass du dich zusammenkauerst und Kraft tankst, um dich gleich gehörig zu verteidigen)“. Oder: „Du bist so ein guter Kollege, und ich schätze die Zusammenarbeit, ABER (… jetzt kommt gleich Unheil über dich, denn das alles zählt nicht mehr, wenn ich diesen Satz zu Ende gebracht habe).“

Wir sind so programmiert. Ein ABER bedeutet: Jetzt kommt die schlechte Nachricht. Klar, du könntest das ändern, indem du das ABER einfach durch ein UND ersetzt. Das klappt schon besser: „Ich schätze deine Arbeit aufrichtig UND ich hätte gerne, wenn du beim nächsten Mal auch alles aufräumst, denn ich fühle mich besser, wenn der Tisch leer ist.“ Niemand erwartet hier so richtig ein UND, und deswegen kommt das auch besser an. Ich versuche schon seit Jahren das ABER mündlich zu vermeiden. Das klappt ganz gut, aber – hier darf es erlaubt sein – reicht dieser kleine Kniff nicht für schwierigere Feedbacks. Die fliegen auch mit einem geschmeidigen UND um die Ohren. Woran liegt das?

Ich lese gerade ein interessantes Buch, in dem das Thema „Feedback geben“ gleich über mehrere Kapitel angesprochen wird. Das Buch heißt „Connect“ und ist von Dave Bradford und Carole Robin. Es ist ein für mich essenzielles Buch, das ich bestimmt in einer Buchnotiz separat würdigen werde.

In Connect schlagen die Autoren vor, das Feedback geben wie ein Tennisspiel zu sehen. Da kommt einem natürlich ein ewig lang(weiliges) Hin-und-her mit viel Gestöhne in den Sinn, aber das Bild sieht anders aus: Beim Tennis steht jeder auf seiner Seite und darf höchstens mit dem Schläger am Netz in den gegnerischen Luftraum eindringen. Ansonsten gilt: Bleib in deinem Feld.

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Das allein ist für mich schon eine wichtige Erkenntnis. Ich sollte auf meinem eigenen Feld bleiben. Allzu oft sprang ich beim Feedback mit Schwung über das Netz ging dem Gegenüber sprachlich an die Gurgel: „Freundchen, du hast aber…. und überhaupt, warum willst du mich so ärgern, was ist dein Problem?“

Was passiert, wenn wir nur auf unserem Feld bleiben? Beobachten: Wir notieren das Verhalten und die Worte des Anderen und was es bei uns bewirkt, die Gefühle, Reaktionen und Aktionen. Mehr nicht. Das ist alles, was bei uns ankommt. Um im Tennisbild zu bleiben: Der andere hat den Ball mit seinem Schläger auf unsere Seite geschlagen und muss warten, bis der Ball zurückkommt. Entweder kommt der Ball wie erwartet zurück oder eben überraschend als kurzer Ball kurz hinter dem Netz, als Schmetterball oder als langer Ball an der Seitenlinie entlang.

Das Spannende an dem Spiel und auch am Feedback geben ist, dass wir die Intention des Spielers auf der anderen Seite niemals enträtseln werden. Wir glauben es zu wissen, wir habe eine Menge Annahmen und vielleicht auch Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Aber trotzdem wissen wir nicht, aus welchem Grund der Andere etwas gesagt, getan oder eben nicht gesagt und getan hat.

Die Intention ist die Domäne des Spielers aber auf dem anderen Feld. Das heißt aber auch, dass wir nie genau wissen, wie unser langer Ball auf der anderen Seite des Netzes ankommt. Wir können die Reaktionen und das Ausmaß erahnen, aber so richtig wissen wir nicht, welche Wirkung wir erzielt haben. Na, dann sprecht doch darüber! Aber wie?

Im Buch Connect raten die Autoren zum „behavioral feedback“. Wir geben dem Gegenüber einen Einblick in unsere Seele, indem wir klar und anhand einer konkreten Situation berichten, was das in uns ausgelöst hat. „Als du mich in der Besprechung beim Thema xyz einfach unterbrochen und das Thema gewechselt hast, habe ich mich unterdrückt gefühlt“. Aha. Vielleicht war das gar nicht die Absicht des Gegenübers, der einfach nur die Uhr im Sinn hatte und das Meeting beschleunigen wollte. Aus diesem Feedback kann mehr sein. Der Andere muss sich nicht verteidigen, sondern bekommt die Möglichkeit der interessierten Nachfrage: Unterdrückt? Das war gar nicht meine Absicht… Daraus ergibt sich dann ein offenes Gespräch.

Wenn du auf Menschen triffst, die diese Art des Feedbacks konstruktiv aufnehmen, dann gibst du ihnen ein wertvolles Geschenk. Denn sie lernen etwas über sich selbst, bekommen Einblick in einen andernfalls toten Winkel. Sie fühlen sich dabei nicht bevormundet. Gleichzeitig lernst du auch, dass es sich lohnt ein klares Feedback zu geben, statt einfach alles zu schlucken und in tiefem Zynismus zu verfallen. Und wenn der Gegenüber das Geschenk nicht annimmt, dann ist es nicht schlimm. Im Englischen heißt es „it takes two to Tango“, es gehören immer zwei dazu.