/images/avatar.jpg

Persönliche Notizen aus Digitalien.

Reiner Gärtner - Newcastle, Australien

Buchnotiz: Dead Letters von Michael Brissenden

Seit ich in Australien lebe, lese ich vorwiegend australische Literatur. Ich will so viel wie möglich über die australische Kultur lernen. Dabei bin ich auf ein Genre gestoßen, um das ich normalerweise einen weiten Bogen mache: um Krimis, Thriller. Da ich mir aber vorgenommen habe, mehr Geschichten in mein Leben zu lassen, lese ich nun vergnügt australische Krimiautoren.

Meine Lieblingsautoren sind derzeit Gary Disher, Chris Hammer – und ab sofort auch Michael Brissenden, der mit „Dead Letters“ ein spannendes Buch geschrieben hat, das die politische Korruption in Australien aufs Korn nimmt. 

Was ist deine Rückfalloption?

Die letzten anderthalb Jahre verliefen für uns alle völlig anders als geplant. Ein Leben im Ausnahmezustand. Wir wussten, dass es nicht immer so glattlaufen konnte wie bisher. Aber wer hätte gedacht, dass es so kommt? Hätten wir uns darauf vorbereiten können? Klar, es lohnt sich, wenn man finanziellen Puffer hat. Das ist sicherlich eine Lehre, die du sofort ziehen kannst. Wenn du mehr Geld auf der Kante hast, dann lebst es sich auch in finanziell schwierigen Zeiten einfacher. Geschenkt.

Feedback als Geschenk

Es sind die gut gemeinten Ratschläge, die Tipps eines Besserwissenden, eines Menschen, der es gut mit uns meint oder nur ein paar Worte wie „Das war schon ganz gut, aber für das nächste Mal: xxx“: Sie treffen uns ganz unerwartet ins Herz, verwunden uns und wir wissen gar nicht, was gerade passiert ist. Uff, das kam so schnell wie ein Nierenschlag, wir liegen auf der Matte und sind kurz bewusstlos. Was ist passiert? Wir haben ein Feedback bekommen.

Eiserne Konzentration

Nerven wie Drahtseile, eiserne Konzentration: Wer die Konzentration über eine längere Zeit halten will, muss stark sein, Ausdauer zeigen. Das haben wir so gelernt. Aber was ist, wenn die Konzentration nach ein paar Sekunden oder Minuten aus den Händen flutscht wie das Drahtseil, an dem du dich gerade festhältst? Dann ist die Konzentration futsch. Es dauert ewig, bis man sie wieder fest im Griff hat. Genau hier liegt das Problem.

Sprechen, worüber man nicht sprechen will

Manchmal muss man darüber sprechen, warum man über etwas nicht sprechen kann. Dazu gibt es eine interessante Analogie: Du kannst mit deinem Auto überall hinfahren. Aber du solltest auch immer auf den Motor hören. Rasselt oder pocht da etwas leise, knarzen die Bremsen? Wenn du es merkst, dann bringst du du das besser Auto zur Werkstatt bringen, bevor es stehenbleibt.

Und deswegen, solltest du zügig ansprechen, wenn etwas in eine falsche Richtung läuft. Bevor es zu groß und zu stark wird. Teile, was du siehst, hörst und fühlst, wie es dich betrifft. Und dann sei still, höre zu. Dein Auto ist nun in der Werkstatt und alles wird gut.

Bist du ein Zauberer?

Du machst Unmögliches möglich: Du liest anderen Menschen Wünsche von den Lippen ab. Sie müssen es noch nicht einmal aussprechen, vielleicht wissen sie noch nicht einmal, was sie wollen, was sie benötigen. Du hörst den ersten halben Satz und dann füllst du den Rest in deinem Kopf aus. Weiterreden ist jetzt lästig, für alle eine Zeitverschwendung. Denn du kennst die Lösung.

Du weißt so wenig. Trotzdem sagst du: Alles klar, ich habe verstanden, was du benötigst. Ich komme in ein paar Tagen mit einer ersten Lösung.

Ja, Nein, Naja und ein Nanein

Wenn du dich beim nächsten Mal für oder gegen ein Projekt entscheiden willst: Höre in dich herein. Was hörst du? Ein lautes JA? Ein klares NEIN? Oder ein dünnes Naja? Meine Erfahrung sagt, dass alles, was kein JA ist, automatisch ein Nein ist. Einfach, oder? Derek Sievers nennt das ein „Hell-Yeah“. Pep Guardiola: Thiago oder Nix.

Ein klares Nein ist auch einfach. Aber was ist mit den Graustufen dazwischen? Erinnerung: Es gibt nur ein JA, alles andere ist ein Nein. Trotzdem entwickelt sich aus einem „weiß nicht, eigentlich nicht, mmmh, naja‘” viel zu oft doch noch ein gequältes Ja. Es ist von Anfang an ein halbherziges Ja; ein zerbrechliches Ja. Es ist und bleibt ein Ja, das immer auf wackligen Füßen stehen wird. Auch wenn wir hoffen, dass aus diesem kümmerlichen Ja noch ein festes, energiegeladenes Ja wird.

Von Sie zu Du zu du

Ich hatte vor etwa einem halben Jahr meine Gedanken zum Thema Binnenmajuskel und Gendern aufgeschrieben. Kürzlich wollte ich etwas nachsehen und bin auf die Notiz gestoßen. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich die Leser mit „Du“ angeredet habe. Das mache ich seit ungefähr einem Jahr, vorher „Siezte“ ich alle hier.

Seit ein paar Monaten bin ich auf das kleine „du“ umgestiegen und habe das altmodische, höfliche Du ebenfalls einkassiert. Ändert sich dadurch etwas? Ich glaube nicht. Ich duze also meine Leser nun so hemmungslos wie auf dem Rosenmontagszug in Kölh, aber da ja sowieso niemand mitliest und ich die Texte nur für meinen eigenen Spaß schreibe, ist es auch egal. Oder nicht?

Wann hast du Dich zuletzt körperlich verausgabt?

Vor einigen Jahren stand ich mit einem befreundeten Vater am Seitenrand eines Fußballfeldes. Wir beobachteten die Mannschaft und natürlich ganz besonders unsere eigenen Kinder. In der Halbzeitpause fragte mich der Vater recht unvermittelt und direkt: „Wann hast du dich zuletzt körperlich so bewegt, dass du auf der Wiese flach auf dem Rücken liegen musstest, um dich davon zu erholen?“ Ich war etwas irritiert, worauf wollte er hinaus? Wollte er höflich darauf hinweisen, dass ich nicht besonders fit oder gesund aussehe? Oder wollte er nun mit einer roten Wurst und einem Bier in der Hand über seinen Burn-out sprechen?

Neun Stunden in der Zukunft

Heute um 2 Uhr ist die Zeit um eine Stunde in die Zukunft gehüpft. Ich bin an diesem Sonntag um 6:47 aufgewacht und war noch recht müde. Kein Wunder, denn es wäre ja erst kurz vor sechs gewesen. Gestern. Jetzt sind wir in der Sommerzeit angelangt. Draußen ist es bereits sommerlich warm, es riecht nach Australien; salzig, süß und würzig.

Bald, wenn Europa in die Winterzeit schlüpft, sind es sogar zehn Stunden Zeitunterschied. Das Fenster zum Zoomen und Teamsen wird also immer kleiner. Nun ist es hier schon 18 Uhr, wenn die Menschen in Deutschland um neun Uhr an ihren Schreibtischen sehen.